Wie Künstliche Intelligenz Recherche und Analyse in der Steuerberatung optimiert

Wie Künstliche Intelligenz Recherche und Analyse in der Steuerberatung optimiert

“Größeres Potential als die Dampfmaschine” titelte McKinsey & Company bereits 2018. Hintergrund waren die möglichen Auswirkungen Künstlicher Intelligenz (KI) auf die Weltwirtschaftsleistung. Dies klingt verheißungsvoll, stößt aber in eher konservativ ausgerichteten Branchen, wie etwa auch der Steuerberatung, teilweise immer noch auf starke Vorbehalte. Die Bedenken bewegen sich zwischen folgenden Polen:

  • Wie soll eine Software jemals so komplexe kognitive Vorgänge, wie sie in der Steuerberatung notwendig sind, abbilden?
  • Wird uns Künstliche Intelligenz in naher Zukunft womöglich unsere Jobs kosten?
Was kann künstlich intelligente Tax Technology in der Steuerberatung leisten? Wie wird sie das Berufsfeld verändern? Darauf möchte das Aachener Technologie-Startup Taxy.io mit seinem jüngst publizierten Whitepaper eine erste Antwort liefern.

Künstliche Intelligenz: Lösungen in der Praxis

Informations-Lieferkette in der Steuerberatung

Zunächst wollen wir den Unterschied zwischen strukturierten und unstrukturierten Daten verstehen. Dies ist wichtig, um die am Markt vorhandenen künstlich intelligenten Steuertechnologie-Lösungen betrachten zu können.
Bei strukturierten Daten handelt es sich um klar organisierte Informationen. Sie können leicht in einer Datenbank aufbereitet, analysiert und durchsuchbar gemacht werden, vergleichbar mit einer Excel-Tabelle. Häufig, aber nicht ausschließlich, handelt es sich um quantitative Daten. Beispiele sind Datumsangaben, Angaben zur Geolokalisierung, Bankdaten, Bestandsinformationen, Umsätze, Kosten, Adressen und Namen.
Unstrukturierte Daten hingegen lassen sich nicht in einfach abgrenzbare Datentypen unterteilen bzw. zerlegen und durchsuchbar machen. Häufig handelt es sich um qualitative Daten. Beispiele sind Texte, Fotos, Videos oder Musikdateien.
Bisher wird Künstliche Intelligenz in der Steuerfunktion überwiegend zur Analyse strukturierter Daten verwendet. Dabei geht es meist um die Bearbeitung von Routineaufgaben, die zahlreich und in einer klar organisierten, sich wiederholenden Struktur erscheinen. Künstliche Intelligenz kommt beispielsweise bei der Transferpreis-Kalkulation zum Einsatz. Oder bei der Erkennung von Anomalien in Buchungsvorgängen im Vergleich mit historischen Daten.
Das Feld der unstrukturierten Daten wurde durch existierende TaxTech-Lösungen hingegen bisher kaum erschlossen. Gerade in der Steuerfunktion bilden unstrukturierte qualitative Daten allerdings die tägliche Arbeitsgrundlage. Etwa in Form von Gesetzestexten, Rechtsprechung, Kommentaren und kanzleiinternen oder abteilungsinternen Schriftstücken. Schätzungen zufolge wenden Steuerberater in Deutschland mehr als 100 Millionen Arbeitsstunden jährlich für Recherchetätigkeiten auf. Technische Unterstützung bei Recherche- und Analyseprozessen birgt somit ein erhebliches Wertschöpfungspotenzial.

Analyse strukturierter vs. unstrukturierter Daten

Betrachten wir den Prozess der Steuerberatung aus informationslogistischer Perspektive. Diesen kann man als Abgleich zwischen zwei Datensilos beschreiben:

  • Im Datensilo “Steuerrechtliche Literatur” finden sich umfangreiche unstrukturierte qualitative Daten. Diese werden von Gesetzgeber und Verlagen bereitgestellt sowie den Kanzleien in Form ihrer eigenen Dokumente.
  • Daneben bildet das Informationssilo “Mandant” sowohl unstrukturierte als auch strukturierte ab bzw. sowohl quantitative als auch qualitative Daten. Dabei handelt es sich häufig um Informationen mit hoher Komplexität. Die Datenmenge nimmt auf beiden Seiten kontinuierlich zu bzw. unterliegt regelmäßigen Änderungen.
Bei einer idealen Beratung werden fortlaufend und lückenlos sowohl aktuelle als auch historische Daten beider Informationssilos abgeglichen. In der Praxis wird dies immer aufwendiger. An diesem Punkt setzen daher die Software-Lösungen TaxFeed und TaxKit des Aachener Startups Taxy.io an. Beide Lösungen werden in der Folge kurz vorgestellt.
Künstliche Intelligenz in der Steuerberatung
Abbildung 1: Wie TaxFeed und TaxKit die Informations-Lieferkette in der Steuerberatung unterstützen

Unterstützung bei Recherche- und Analyseprozessen durch Künstliche Intelligenz

Der TaxFeed befindet sich derzeit in der finalen Entwicklungsphase. Er screent fortlaufend das Informationssilo “Steuerrechtliche Literatur”. Dieses besteht aus Gesetzen, Richtlinien, Erlässen, Rechtsprechung und Kommentaren. Bei Bedarf können auch unternehmensintern erstellte Dokumente mit fachlichem Bezug integriert werden. Parallel dazu wird das zweite Informationssilo, die Mandantendaten, durch ein “Fingerprinting” ebenfalls fortlaufend analysiert. Das Silo der Mandantendaten besteht aus Stamm- und Bewegungsdaten, Schriftverkehr und Vertragsunterlagen. Die Daten verlassen zu keinem Zeitpunkt die Kanzlei bzw. das Unternehmen. Die Nutzer werden automatisiert darauf hingewiesen, wenn sich für spezifische Mandanten Beratungsanlässe ergeben. Dies kann aufgrund von Änderungen in einem der beiden Informationssilos resultieren. Dadurch können Steuerberater ihre Mandanten deutlich proaktiver und ganzheitlicher beraten.
Das TaxKit unterstützt die Kommunikation zwischen Steuerberatern und Mandanten. Dies geschieht in Form eines Outlook Add-in oder Word Add-in. Das Produkt analysiert schriftlich ausformulierte steuerrechtliche Sachverhalte. Danach schlägt es den Anwendenden thematisch passende steuerrechtliche Literatur sowie kanzleieigene Schriftstücke vor. Im Zuge der kanzleiweiten Bereitstellung interner Dokumente werden personenbezogene Daten automatisch anonymisiert. Daher können die relevanten steuerlichen Informationen unter Wahrung des Datenschutzes allen Mitarbeitern zugänglich gemacht werden. So kann vermieden werden, dass zu ähnlichen Fällen unternehmensintern mehrfach recherchiert wird. Letzteres ist unnötig, wenn die Expertise und entsprechende Argumentationsvorlagen bereits vorhanden sind. Zudem werden die relevanten Passagen der Fachliteratur während des Verfassens in Word oder Outlook in einer Sidebar angezeigt. Sie können mit einem Klick auszugsweise in das eigene Schriftstück übernommen werden. Durch den Einsatz des TaxKit ist somit eine deutliche Zeitersparnis möglich.
Abbildung 2: Das Taxy.io TaxKit in der Anwendung - Im Beispiel in der Ausführung TaxKit Mail

Feldexperiment: Einsatz Künstlicher Intelligenz in einem Fachverlag

Versuchsaufbau

In welchem Ausmaß lässt sich durch den Einsatz künstlicher Intelligenz bei der Recherche steuerrechtlicher Sachverhalte Zeit gewinnen? Zu dieser Frage hat Taxy.io ein Feldexperiment aufgesetzt. Hierfür wurde die dem TaxKit zugrunde liegende Technologie bei einem deutschsprachigen Fachverlag eingesetzt. Zugleich wurde die Zeitersparnis durch Einsatz der Taxy.io-Lösung erfasst.
Der Verlag bietet Steuerberatern an, Fachfragen einzureichen, zu denen sie eine Gutachtermeinung einholen möchten. Diese werden durch den Verlag an passende Steuerrechtler vermittelt. Diese prüfen und bearbeiten die Anfrage. Dabei wird auch die Zeit der Beantwortung erfasst.
Seit dem 10.02.2020 wird die TaxKit-Technologie eingesetzt, um die Arbeit der Gutachter zu unterstützen. Jedes neue Ticket wird hinsichtlich seines steuerrechtlichen Sachverhaltes analysiert. Es wird mit bereits über die Plattform bearbeiteten Sachverhalten abgeglichen. Die Gutachter sehen nicht nur die ursprünglich ausformulierte Anfrage, sondern automatisch auch relevante Antwortvorschläge aus bisherigen Fällen. Durch die Taxy.io Anonymization Engine werden personenbezogene Hinweise vollautomatisch entfernt.
Es wurden die Bearbeitungszeiten vor der Implementierung des TaxKits mit den Bearbeitungszeiten danach verglichen. Konkret wurden die Zeiträume 10.02.2019 – 26.05.2019 und 10.02.2020 – 26.05.2020 verglichen. Durch den Vergleich identischer Zeiträume aus unterschiedlichen Jahren sollen saisonale Einflussfaktoren berücksichtigt werden.

Ergebnisse

Durch den Einsatz künstlicher Intelligenz konnte im Rahmen des vorliegenden Feldversuchs 20% Zeitersparnis erzielt und gemessen werden. In diesem Ausmaß sank die durchschnittliche Antwortzeit nach der Einführung der künstlich intelligenten Software TaxKit. Diese höhere Effizienz führt zu einer Kostensenkung. Das Ergebnis ist bemerkenswert. Schließlich liegt das Kosteneinsparungspotenzial für vergleichbare KI-Anwendungen laut einer aktuellen McKinsey Studie nur bei durchschnittlich 10%. Letzteres gilt selbst für Unternehmen, die sehr erfolgreich KI-Lösungen einsetzen.
Die deutlich überlegene Einsparung resultiert u.a. daraus, dass das TaxKit bei mindestens jedem zweiten Ticket eine passgenaue Antwort auf Basis des vorliegenden Fundus bereits beantworteter Anfragen liefert. Durch jede neu beantwortete Anfrage vergrößert sich dieser Korpus folglich. Dies vergrößert somit den nutzbaren Datenschatz für weitere Tickets.

Fazit

Eingangs wurden hinsichtlich künstlicher Intelligenz in der Steuerberatung Vorbehalte geäußert. Diesbezüglich lässt sich Folgendes festhalten. Bis eine digitale Steuerintelligenz die Steuerberaterprüfung besteht und wir von Robo-Advisors beraten werden, liegt noch ein langer Weg vor uns. Und doch sind die ersten Schritte bereits längst getan.
Durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz wird der Berufsalltag in der Steuerberatung allerdings mittelfristig menschlicher. Die in Recherche- und Analysetätigkeiten investierte Zeit wird sich deutlich reduzieren. Dadurch werden Freiräume für individuelle, kreative Beratung der Mandanten geschaffen. Mithilfe von künstlich-intelligenten Software-Lösungen können Beratungsanlässe deutlich früher erkannt werden. Mandanten können deutlich proaktiver angesprochen werden. Durch die Unterstützung durch Steuertechnologie wird zudem eine ganzheitlichere Beratung möglich.
Wer noch tiefer in das Thema Künstliche Intelligenz in der Steuerberatung einsteigen möchte, findet im Whitepaper zum Taxy.io-Feldexperiment weiterführende Informationen.

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Sven Peper

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Künstliche Intelligenz für KMU – wie Chatbots den Kundenservice verbessern

Chatbot

Spätestens seit der Corona-Krise setzen auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) verstärkt auf den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in ihren Geschäftsprozessen. Zumindest halten sie die Digitale Transformation für wichtig. Sie setzen sich intensiv mit den konkreten Anforderungen und Möglichkeiten auseinander. Das gilt auch für den Kundenservice. Für diesen ist der Dialog mit den Kunden von zentraler Bedeutung ist. Dieser Dialog wird immer digitaler. Und er wird von alltäglichen Gewohnheiten der Kunden mitbestimmt.

Smartphones und Google-Suche sind heute aus dem Leben der meisten Menschen nicht mehr wegzudenken. Schnelle Suchen sollen mithilfe von Autosuggest innerhalb von wenigen Klicks zum Erfolg führen. Smartphone-affine Bevölkerungsgruppen nutzen auch beim Ansteuern des Kundenservice primär digitale Schriftkanäle. Hier können neben intelligenten FAQ-Centern gerade auch Chatbots ideale Ergänzungshilfen sein, um Service-Agenten zu entlasten und effizient „mitzuarbeiten“.

Chatbot

Chatbots sind immer erreichbar, rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr. Und sie werden immer beliebter. Ein guter Chatbot kann bis zu 80 Prozent aller eingehenden Service-Anfragen im Erstkontakt erledigen, ohne dass ein Mitarbeiter eingreifen muss. Sobald das notwendig wird, geht auch das einfach und schnell: Der Agent übernimmt die bisherige Chatbot-Kommunikation exakt dort, wo der Kunde mit seinen bisherigen Fragen steht. Dann setzt er den Dialog im Live-Chat fort. Wichtige Grundsatzregeln für den Einsatz von Chatbots:

  • Konzentration auf ihr Kompetenzfeld
  • Rechtzeitige Übergabe an den Agenten, wenn dieses überschritten wird
Chatbot

Besonders wichtig gerade für KMU: Der Einsatz moderner Chatbots auf der Basis von Künstlicher Intelligenz ist heute weder Raketenwissenschaft noch Hexenwerk. Und schon gar nicht überproportional kostspielig. Voraussetzung ist eine Standardsoftware mit geringem Customizing und die Identifikation Chatbot-geeigneter Einsatzgebiete. Die angewendete Grundlagentechnologie ist langjährig erprobt und einsatzbewährt. Sie ist das Ergebnis ausgereifter Software-Entwicklung speziell für die Anforderungen im Customer Service, ob als intelligentes FAQ-Center oder zentrale Kommunikationsplattform. Elementar ist eine breite Daten- und Wissensbasis, auf deren Grundlage automatisierte Prozesse etabliert werden.

Chatbots können überall zum Einsatz kommen: in FAQ-Centern, im E-Mail-Chat oder in Messengern wie WhatsApp. Entscheidend ist, dass die Einsatzgebiete klar definiert sind. Und dass der Chatbot ganz direkt als digitaler Helfer eingeführt wird: Er stellt sich beim Erstkontakt „persönlich“ dem Kunden vor. Er macht deutlich, für welche Themen er Experte ist und wo er helfen kann. Damit ist sein Kompetenzfeld abgesteckt und ein potenzieller automatischer Kanalwechsel definiert, wenn es überschritten wird.

Denn klar ist auch, dass die Künstliche Intelligenz der Chatbots Empathie und Verstand der menschlichen Berater nicht ersetzen kann und wird. Kluge Unternehmensentscheider sollten daher die Grundlagen eines modernen und effizienten Kundenservice ausbalanciert sicherstellen. Durch eine zentrale Kommunikationsplattform sowie erfahrene und versierte Agenten. Letztere sorgen als Steuermänner und -frauen für einen maximalen Qualitätsstandard auf allen gewünschten Kanälen. Wer die „Welten“ verbinden und ihre jeweiligen Vorteile vereinen kann, der wird auch zukünftig mit gutem Kundenservice erfolgreich sein.

Fazit

Der intelligente Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Gestalt eines Chatbots kann zu mehr Effizienz im Servicecenter führen. Schließlich werden die vorhandenen Ressourcen besser genutzt. Vom ersten Tag des Chatbot-Onboardings können 80 Prozent aller ständig wiederkehrenden Fragen fallabschließend beantwortet werden. Daher steigt die Kundenzufriedenheit in der Regel schnell spürbar an.

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Franziska Dempt

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Automatisierung durch computerbasiertes Sehen – Computer Vision

Computer Vision

In der Vergangenheit und auch heute noch müssen Mitarbeiter etwa die Daten aus Rechnungen und Lieferscheinen händisch in die EDV-Systeme ihrer Unternehmen übertragen. Dabei können Computersysteme dank Computer Vision heutzutage Belege größtenteils selbstständig einlesen, die relevanten Informationen übernehmen und in der Folge weiterverarbeiten.

Genauso ist es technisch möglich, dass Ihr Gesicht beim Betreten eines Geschäftes analysiert und erkannt wird. Dadurch können Unternehmen beispielsweise Personen identifizieren, Unbefugten automatisch den Zutritt verwehren, Personenkontrollen beschleunigen, Fehler reduzieren und ihr Personal gezielter an anderer Stelle einsetzen.

Sogar Ärzte greifen heutzutage auf moderne Computertechnologie zurück, so z.B. bei der Auswertung von MRT-Aufnahmen. Computer können u.a. bei der Tumordiagnose helfen, indem sie Art, Ausprägung und Position von Tumoren feststellen.

Um solche Fälle geht es im Bereich des computerbasierten Sehens (oder kurz: Computer Sehen). In der Softwaretechnologie spricht man von Computer Vision. Diese Disziplin befasst sich mit der Art und Weise, wie Computer digitale Bilder und Videos sehen und verstehen. In der Folge erhalten Sie einen Überblick über die Einsatzmöglichkeiten dieser neuen Technologie in der Unternehmenspraxis.

Computer Vision – eine kurze Erläuterung

Computer Vision umfasst alle Aufgaben, die biologische Sehsysteme ausführen. Dies beinhaltet auch das “Sehen” oder “Wahrnehmen” eines visuellen Reizes, das “Verstehen” des Gesehenen und das Extrahieren komplexer Informationen in eine Form, die wir in anderen Prozessen verwenden können. Dieses interdisziplinäre Gebiet simuliert und automatisiert diese Elemente menschlicher Sehsysteme mit Hilfe von Sensoren, Computern und Algorithmen des maschinellen Lernens. Computer Vision ist demnach die Theorie, auf deren Basis Systeme künstlicher Intelligenz fähig sind, ihre Umgebung zu sehen und zu verstehen.

Strategie zu künstlicher Intelligenz und Bildverarbeitung für Unternehmen

Wer eine Strategie für künstliche Intelligenz besitzt, die sich von den Gesamtzielen des Unternehmens ableitet und genau auf diese ausgerichtet ist, hat einen Wettbewerbsvorteil. Neben einem Überblick zu den Rahmenbedingungen für Digitalisierung und künstliche Intelligenz in Bezug auf Bildverarbeitungsprozesse erfahren Sie in der Folge, worauf es bei einer entsprechenden Strategie für Mittelständler und große Unternehmen ankommt.

Mit Algorithmen Bilder erkennen: Computer Vision in der Praxis

In vielen Prozessen verlassen sich Unternehmen auch heute noch auf das menschliche Auge und die menschliche Kognition, um Objekte und Daten zu erkennen und zu analysieren. So überprüfen etwa Mitarbeitende die Produkte am Ende eines Fertigungsprozesses meist aufwendig manuell. Darüber hinaus werden Informationen aus Papierrechnungen oft per Hand in IT-Systeme übertragen. Diese händischen Vorgänge sind fehleranfällig und führen zu hohen internen und externen Kosten, wenn dadurch Reklamationen oder Retouren entstehen oder Unternehmen ihre Produktion unterbrechen müssen.

Mittlerweile sind Algorithmen, die Bedeutung aus Bildern gewinnen können, weiter. Sie können traditionelle Methoden weit übertreffen und auch auf sich kontinuierlich verändernde Produktspezifikationen reagieren. Dadurch können Computer und Algorithmen mehr und mehr Prozesse unterstützen oder übernehmen, die vorher Menschen manuell erledigen mussten. Künstliche Intelligenz kann Mitarbeitende entlasten, sodass sie mehr Zeit für andere Aufgaben zur Verfügung haben. Solche Algorithmen sind unter dem Begriff Computer Vision bekannt.

 

Balkendiagramm

Quelle: McKinsey & Co.

Dass diese Tendenzen die Geschäftswelt insgesamt einschneidend verändern werden, ist den meisten Entscheidern in Unternehmen völlig bewusst. Und dennoch herrscht große Unsicherheit über den konkreten Einsatz solcher Verfahren. Das betrifft sowohl Pilotprojekte als auch die entscheidenden Stellen des operativen Geschäfts.

Künstliche Intelligenz hat hier häufig den Ruf als Wunderwaffe. Dennoch ist es unverzichtbar, eine genaue Analyse der Prozesse durchzuführen und die Strategie zu planen, um das volle Potenzial auszuschöpfen. Solche Lösungen zu etablieren ist zwar teuer, frühzeitige Investitionen zahlen sich jedoch aus.

Mehr Bilddaten und Verarbeitungskapazitäten führen zu einer breiteren Anwendung

Der Boom von Anwendungen im Bereich Computer Vision ist geprägt von kontinuierlichen, technologischen Durchbrüchen, die auf vier Säulen basieren:

  1. Es gibt günstigere und leistungsfähigere Kameras, Speicher- und Computergeräte, allen voran Smartphones.
  2. Wir haben heute schnellere Datenkommunikationstechnologien wie 4G und 5G sowie Cloud Computing. Dadurch ist das Verarbeiten und Speichern der Daten günstiger und leichter zugänglich.
  3. Es gibt mehr Bilddaten und der Zugang zu ihnen ist deutlich leichter. Das ist besonders auf Plattformen wie Instagram, Snapchat und YouTube zurückzuführen. Auch die Tatsache, dass Bildmaterial im Rahmen des Internet der Dinge (Internet of Things) besser auszuwerten ist, spielt hier eine Rolle.
  4. Fortgeschrittene Datenverarbeitungswerkzeuge sind leichter zugänglich. Das betrifft besonders Softwarebibliotheken, die Maschinelles Lernen (Machine Learning) für Bilddaten verbessern, beschleunigen und vereinfachen.

Daten sind also allgegenwärtig verfügbar und Speicher ist günstig. Mittels Open-Source-Bibliotheken und großen Communities können so mehr Unternehmen Computer Vision zur Lösung von Problemen aus der realen Welt einsetzen.

Was müssen Entscheider beachten, um durch Computer Vision Wettbewerbsvorteile zu realisieren?

Identifikation von Anwendungsfällen

Wie zu Beginn beschrieben, ist jede Aufgabe, bei der ein Mensch Daten überträgt, Objekte einordnet, Produkte analysiert oder visuell überprüft, ein typischer Anwendungsfall für Computer Vision. Zu den typischen Anwendungsfeldern gehören neben Gesichtserkennung, Arztdiagnosen und dem Verarbeiten von Dokumenten beispielsweise auch digitales Marketing oder die Qualitätssicherung. Ein Einzelhändler kann mittels Gesichtserkennung Bezahlvorgänge automatisieren oder er kann Obst durch eine automatisierte Objekterkennung laufen lassen, um es z.B. für eine Lebensmittellieferung korrekt und ohne menschliches Zutun zu sortieren.

Ein Algorithmus erkennt Tumore auf MRT-Scans oder kann aus Lieferscheinen und Rechnungen automatisch Informationen digitalisieren. Die Anwendungsbereiche von Computer Vision sind also so unterschiedlich, dass es wohl kaum ein Unternehmen gibt, das nicht von ihr profitieren würde. Durch die Integration der Disziplin in die IT-Umgebung können Unternehmen durch Effizienzsteigerungen, Prozessautomatisierungen und Kosteneinsparungen enorme Mehrwerte erzielen.

Synergien schaffen

Ein einmalig entwickelter Computer-Vision-Algorithmus verbessert meist einen bestehenden Prozess oder löst ein bestimmtes Problem. Derselbe oder ein ähnlicher Algorithmus kann aber auch bei anderen Problemstellungen im Unternehmen zum Einsatz kommen. Wenn in einem Bereich ein System etabliert wird, das Informationen aus Eingangsrechnungen extrahiert und überprüft, kann man dieses System auch an anderen Stellen des Unternehmens mit leichten Modifikationen verwenden.

Dies ist beispielsweise der Fall bei automatisierten Buchungen durch eine Lieferscheinkontrolle oder bei Zutatenerkennung auf Lebensmittelprodukten, also bei Verpackungsdaten. Hierbei geht es meist um automatische Texterkennung. Dabei werden die relevanten Inhalte in eine einfache Sprache übersetzt und benutzergerecht vorgelesen. Bei allen Produkten bzw. Dokumenten mit ausreichend standardisierten Textblöcken kann eine solche Technologie eingesetzt werden. Sogar der Endnutzer kann sie auf seinem Handy nutzen.

Das Ziel sollte sein, ein stimmiges Portfolio aus wiederverwertbaren Computer-Vision-Komponenten zu erarbeiten. Nicht immer gelingt es direkt, ein fertiges System eins-zu-eins auf ein neues Problem anzuwenden. Durch ein kluges Wiederverwenden von Ressourcen kann man jedoch schnell Wert schaffen. Außerdem führt ein Fokus auf kleinere Projekte zu schnellen Lernerfolgen.

Der richtige Umgang mit Daten

Die Datenlage entscheidet oft über Erfolg oder Misserfolg eines Computer-Vision-Projektes. Neben der Qualität ist vor allem auch die Quantität äußerst herausfordernd: Für manche Szenarien sind KI-Lösungen gefragt, für die Trainingsdaten notwendig sind. Über solche verfügen Unternehmen aber oft gar nicht in dem benötigten Umfang. Früher war das durchaus ein unüberwindbares Hindernis. Mittlerweile gibt es jedoch Strategien (bspw. Transfer Learning und Semi-Supervised Learning), um damit umgehen zu können. So lassen sich auch aus geringen Datenmengen oder bei Datenschutzbedenken Potenziale ausschöpfen.

Die nächstgrößte Hürde ist meist ein effizienter Umgang mit diesen Daten. Bilddaten sind groß und komplex, weswegen sich Organisationen frühzeitig durch Investitionen für die Speicherung und Verarbeitung in die Lage versetzen sollten, solche großen Mengen an Daten zu beherrschen. Eine schlüssige Datenverwaltungsstrategie ist zwingend notwendig und erzeugt langfristige Wettbewerbsvorteile.

Die Mitarbeitenden stärken

Der Einsatz fortschrittlichster Computer-Vision-Algorithmen hat auch Auswirkungen auf die Beschäftigten. Neben den allgemeinen Herausforderungen von Arbeit 4.0 sind hier zwei Aspekte besonders bedeutend:

  • Erstens müssen Unternehmen das richtige Know-how und die passenden Fertigkeiten im Aufsetzen von und im Umgang mit Computer-Vision-Lösungen aufbauen. Außerdem sind fähige Mitarbeitende für die Datenanalyse bekanntlich nicht gerade leicht zu finden.
  • Zweitens sind gerade Automatisierungsprozesse immer auch Changeprozesse, die Firmen erfolgreich gestalten müssen. Digitale Transformation löst häufig Ängste bei der Belegschaft aus, die Führungskräfte bei allen Planungen angemessen berücksichtigen müssen. Gerade das beschriebene Gebiet bietet hierbei allerdings das Potenzial, unliebsame und wiederkehrende Aufgaben abzunehmen. Gerade auch Vorgänge mit einem hohen Konzentrationserfordernis entfallen. Dazu gehören die manuelle Inspektion von Produkten und das händische Übertragen von Daten aus Dokumenten. Der Aufgabenfokus verschiebt sich zu Schnittstellentätigkeiten, die Menschen arbeiten “mit der Künstlichen Intelligenz”. Diesen Umstand müssen Unternehmen in ihrer Personalstrategie berücksichtigen.

Gesamtprozess betrachten

Im Idealfall lässt sich ein Prozess von Anfang bis zum Ende digitalisieren und automatisieren. Ganze Prozessketten (bspw. von der Bestellung von Vorprodukten über die manuelle Prüfung bis hin zum Einpflegen ins System) vollständig zu automatisieren ist jedoch ein zeitintensives und komplexes Unterfangen. Bereichsübergreifende, vollautomatisierte Prozessketten lassen sich deshalb erst mittel- bis langfristig bewerkstelligen. Teilautomatische Übergangsphasen sollten deswegen in der Planung berücksichtigt werden. Der Erfolg von Computer-Vision-Lösungen hängt daher kurz- bis mittelfristig von der Zuarbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab. Daher müssen Unternehmen den entstehenden Schnittstellen mit besonderer Sorgfalt begegnen.

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Timothy Krechel

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Ist Ihr Unternehmen reif für Künstliche Intelligenz im Controlling?

Künstliche Intelligenz im Controlling

Welchen grundsätzlichen Reifegrad und welche inhaltliche Ausrichtung weisen Ihr Controlling auf?

Künstliche Intelligenz im Controlling benötigt zunächst die objektive und nüchterne Sicht auf den grundsätzlichen Reifegrad des Controllings und dessen vorherrschende inhaltliche Ausrichtung. Nicht jedes Controlling eignet sich gleichermaßen für die Einführung von Künstlicher Intelligenz. KI im Controlling erfordert bestimmte Voraussetzungen. Erst dann ist es sinnvoll nutzbar. Der grundsätzliche Reifegrad des Controllings bestimmt die Bandbreite der KI-Einsatzfelder und Einsatzmöglichkeiten.

Beschäftigt sich das Controlling vorrangig mit dem Sammeln von Daten, so kann es KI dazu nutzen, repetitive Tätigkeiten zu reduzieren. Es steigert so die eigene Effizienz und optimiert den eigenen Ressourceneinsatz. Dominiert im Controlling das unternehmerisch ausgerichtete Entscheiden, so dient das Instrument KI dazu, um Qualität und Aussagekraft der Entscheidungsunterstützung zu stärken. Zwischen beiden Extremen gibt es eine große Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten, bei denen KI hilfreich ist.

Sind die KI-Ziele des Controllings eindeutig und klar festgelegt?

Ein effektiver und effizienter Einsatz von KI im Controlling erfordert klare Ziele. Diese können unterschiedlicher Natur sein und ein heterogenes Feld abdecken. Ein mögliches Ziel besteht darin, Controllingprozesse zu beschleunigen oder die Fehlerwahrscheinlichkeit bisher manueller Datenerhebungen und Datenanalysen zu reduzieren. Ein anderes Ziel kann es sein, die benötigten Controllingkapazitäten und damit die Kosten der Controllingabteilung zu reduzieren oder diese effizienter einzusetzen. Auch im Verbessern der Analytik und damit der Aussagefähigkeit des Controllings besteht ein mögliches Ziel.

Diese klaren Zielsetzungen gehören an den Beginn jeglicher KI-Überlegung für das Controlling. Erst mit den formulierten Zielen beantwortet sich die Frage eindeutig: „Was will ich mit KI im Controlling erreichen?“ Keine Controllingorganisation sollte also einfach „mit KI loslegen“, weil es ein aktuelles Thema ist. Je klarer die Zielsetzung, desto besser das Ergebnis.

Künstliche Intelligenz im Controlling

Sind die Controllingprozesse ausreichend definiert und auf KI optimiert?

Sind die Ziele definiert, so stellt sich die Frage, wo und in welchem Umfang die Einführung erfolgt. Hierfür bestehen für ein KI-Projekt zwei grundsätzliche und sehr gegensätzliche Optionen: Der „große Wurf“ in seiner Gesamtheit oder die schrittweise Einführung von KI in definierten Teilschritten. Eine schrittweise Einführung hat den Vorteil, frühzeitig Nutzen entstehen zu lassen. Das Management und das Controlling müssen bei diesem Vorgehen nicht auf das Ende eines umfassenden Gesamtprojekts warten.

Als Ansatzpunkt einer schrittweisen Einführung dienen die Teilprozesse im Controlling. Sie besitzen unterscheidliche KI-Affinität und erschließen damit mehr oder minder große Potenziale im Sinne der Ziele. Ein erster Schritt der Einführung ist das Zerlegen des komplexen Gesamtprozesses in seine relevanten Teilprozesse. Diese Teilprozesse gilt es im Folgeschritt dahingehend zu bewerten, ob und in welchem Umfang sie sich besonders für KI eignen. Diesem Schritt folgt eine Priorisierung, die aufzeigt, in welcher Reihenfolge die Teilprozesse in KI abzubilden sind.

Einhergehend mit allen Schritten sind die Controllingprozesse vor der KI-Einführung zu optimieren. So wird verhindert, dass sich die Ineffizienzen historisch gewachsener Controllingprozesse später in den KI-basierten Prozessen wiederfinden. Erst wenn diese Prozessoptimierung stattgefunden hat, zeigt sich das Controlling ausreichend für die KI-Einführung gerüstet.

Künstliche Intelligenz im Controlling

Verspricht KI ausreichenden und nachvollziehbaren Nutzen für die relevanten Stakeholder des Controllings?

Die Akzeptanz von KI hängt vom gestifteten und kommunizierten Nutzen ab. Die Sichtweisen des Stakeholders Controlling als „Informationsproduzent“ und des Stakeholders Management als „Informationsnutzer“ unterscheiden sich dabei durchaus. In manchen Punkten konkurrieren ihre Interessen sogar. Generiert das Management mittels KI beispielsweise relevante Analysen und Erkenntnisse selbst („Self Reporting“), fallen bisherige Aufgaben des Controllings weg. Dieser „Bedeutungsverlust“ infolge der Informationsemanzipation des Managements stößt im Controlling vielleicht nur auf begrenzte Begeisterung. Schmälert er doch die Position des Controllings im Organisationsgefüge eines Unternehmens. Hier muss klar sein, dass das Controlling von KI trotz oder gerade wegen der Veränderung der Aufgaben Nutzen zieht. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn sich Aufgabeninhalte des Controllings auf anspruchsvollere Schwerpunkte fokussieren können, anstatt auf das repetitive Sammeln und zeitintensive Verifizieren von Basisdaten. Gemeinsam sollten beide Stakeholder das Ziel haben, mittels KI einen unternehmerisch deutlich höheren Nutzen als ohne KI zu stiften. Je klarer und messbarer dieser Nutzen beim jeweiligen Stakeholder ausfällt, desto höher ist die Akzeptanz und desto schneller wird sich KI im Controlling des Unternehmens durchsetzen.
Künstliche Intelligenz im Controlling

Sind Ihre Organisation und Ihre Controller auf KI vorbereitet?

Für eine KI-Einführung ist es nicht damit getan, Softwaretools für das Controlling zu beschaffen und zu implementieren. Die (Controlling)Organisation muss sich vielmehr systematisch und frühzeitig auf KI vorbereiten. Neben der Kommunikation der Ziele und des Nutzens bedarf es vor allem einschlägigen Know Hows. Betroffen von diesen Know How-Anforderungen sind sowohl der Prozess der erstmaligen Einführung als auch die laufende Aufgabe der Betreuung des KI-Systems. Das Einführen und das Nutzen von KI verändern das Anforderungsprofil an den Controller als Person. Dieser Veränderung gilt es Rechnung zu tragen. Der Controller muss sich dafür rechtzeitig weiterentwickeln. Ist dies nicht möglich, so erfordert das Nutzen von KI die Beschaffung externen Know Hows im Rahmen eines gezielten Recruiting.

Künstliche Intelligenz im Controlling

Fazit

Ein Unternehmen, das KI im Controlling nutzen will, sollte sich im Vorfeld umfassend mit dem Thema auseinandersetzen. Es gilt zunächst, eine Vielzahl von Fragen zu beantworten. Erst dann sollte man zur Tat und zur Einführung schreiten. Nur wenn für alle zuvor aufgeworfenen Fragen ein eindeutiges „ja“ vorliegt, ist das Controlling des Unternehmens reif für KI.

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Dr. Wieselhuber & Partner GmbH

Künstliche Intelligenz in der Rechnungsverarbeitung

Künstliche Intelligenz in der Rechnungsverarbeitung

Künstliche Intelligenz (KI) bzw. Artificial Intelligence (AI) ist eine Schlüsseltechnologie für das intelligente Automatisieren von Prozessen in Unternehmen. Mit Künstlicher Intelligenz ist es möglich, halb- oder gänzlich unstrukturierte Daten auf Papier oder als PDF in ein strukturiertes Format umzuwandeln und danach weiterzuverarbeiten. Es erfordert jedoch ein klares Verständnis zum Einsatz und Nutzen dieser Technologie, um zeitraubende Routinetätigkeiten bei Rechnungen, Lieferscheinen, Bestellungen etc. im Unternehmen zu automatisieren.

Künstliche Intelligenz im Rechnungseingang

Unternehmen haben für Dokumente verschiedene Eingangskanäle. Derzeit laufen Prozesse für Rechnungen, Lieferscheine oder Bestellungen in der Praxis wie folgt ab: Dokumente treffen auf Papier, per EDI oder im PDF-Format ein. Papierdokumente werden in der Poststelle nach Unternehmen und Abteilungen manuell sortiert. Anschließend klebt ein Mitarbeiter einen Barcode auf oder nutzt Trennblätter und scannt die Belege ein. Zuerst die Rechnungen für das eine Unternehmen, dann die Bestellungen für das andere Unternehmen und so weiter.

Künstliche Intelligenz automatisiert weitgehend zeitraubende Routinetätigkeiten im Posteingang: Die selbstlernende Software erkennt die erste und letzte Seite einer Rechnung ohne Trennblätter oder Barcodes. Wird der vollständige Posteingang eines Unternehmens eingescannt, klassifiziert eine selbstlernende Software die Belege und ordnet sie den jeweiligen Belegtypen zu. Die Rechnungen zu den Eingangsrechnungen, die Bestellungen in den Bestelleingang und so weiter. Werden Belege von mehreren Unternehmen eingescannt, verschiebt die Künstliche Intelligenz die Belege in das betreffende Unternehmen.

Beim Entwickeln einer entsprechenden Künstlichen Intelligenz durch die Firma Abacus haben die Data Scientists im Jahr 2017 begonnen, Millionen zufällig ausgewählter Belege von mehreren tausend Unternehmen, einem neuronalen Netz vorzulegen. Die Lernphase für die Software dauerte mehrere Tage. Anschließend wurden mehr als 100.000 neue Belege analysiert. Das neuronale Netz sollte die erste und letzte Seite eines Beleges sowie die Belegtypen erkennen. Schon damals lag die Trefferquote über 90%. Durch die Künstliche Intelligenz für Seitenerkennung, Dokumentenklassifizierung und Unternehmenszuordnung wird der Zeit- und Arbeitsaufwand der Mitarbeiter im Posteingang um mehr als 50% reduziert.

Künstliche Intelligenz in der Rechnungsverarbeitung

Nachdem jeder Beleg einem Unternehmen und Belegtypen zugeordnet ist, extrahiert die Künstliche Intelligenz weitere Informationen aus dem Beleg. Die relevanten Felder je Belegtypen sind aus der Vergangenheit bekannt und liegen strukturiert vor. Durch Automatisiertes Maschinelles Lernen (Automated Machine Learning, AutoML) entwickelt die selbstlernende Software einen skalierbaren Algorithmus, um wiederkehrende Belege vollständig automatisiert zu erkennen und zu verarbeiten.

Jedes Unternehmen verfügt beim Verarbeiten von Rechnungen über spezifische Geschäftsfälle. Um diese zu erlernen, repliziert die Software die historischen Daten aus dem Buchhaltungssystem des Unternehmens. Die Klassifikation des Geschäftsfalls je Beleg erfolgt in Konten und Gegenkonten sowie durch Textinformationen am Beleg. Neue Geschäftsfälle können basierend auf dem erlernten Wissen automatisiert abgewickelt werden.

Nach der Datenextraktion fügt die Künstliche Intelligenz dem Beleg weitere Informationen hinzu, um die Folgeprozesse im Unternehmen zu initiieren. So können Belegen Kostenstellen zugeordnet oder Benutzer für die Belegkontrolle und -freigabe bestimmt werden. Liegt zum Beispiel keine Bestellung vor, so wird die Rechnung klassifiziert und durch die Künstliche Intelligenz kontiert.

Künstliche Intelligenz bei der Rechnungsprüfung

Die Rechnungsprüfung umfasst die inhaltliche und formelle Prüfung: Letztere stellt das Einhalten von Vorschriften und Gesetzen, insbesondere des Umsatzsteuergesetzes, sicher. Insbesondere müssen die Rechnungsmerkmale gemäß Umsatzsteuergesetz auf der Rechnung ersichtlich sein. Die formelle Rechnungsprüfung wird nun automatisiert: Die Rechnungsmerkmale der eingehenden Rechnungen werden vollständig durch die Künstliche Intelligenz untersucht und geprüft.

Werden erforderliche Rechnungsmerkmale nicht erkannt, so wird entweder der Beleg einem Buchhalter zur Kontrolle zugewiesen oder der Lieferant benachrichtigt. Nach der formellen Rechnungsprüfung ist die Rechnung geprüft, die Rechnungsmerkmale sind vollständig und die Rechnung wurde einer Bestellung zugeordnet. Das reicht aber nicht aus, um zu kontrollieren, ob es sich um einen Betrugsversuch handelt oder der Lieferant die Preise erhöht hat.

Die Merkmale von Rechnungen sind Messwerte und es gibt erwartete Ergebnisse. Stimmt das Ergebnis nicht mit den Erwartungen überein, und ist der tatsächliche Wert über dem Streuungsbereich, so muss der Benutzer den Beleg kontrollieren und freigeben. Die Modelle und Erwartungswerte zur Erkennung von Anomalien werden von Künstlicher Intelligenz selbständig gelernt und durch unternehmensspezifische Regeln erweitert.

Bei Anomalien oder Auslösen der Regel wird die Rechnung automatisch eskaliert und einem Mitarbeiter zur manuellen Prüfung vorgelegt. Werden keine Anomalien gefunden und alle Rechnungsmerkmale sind erfüllt, wird die Rechnung bestätigt. Durch jeden verarbeiteten Beleg lernen die Modelle hinzu. Nach zwei oder drei gleichartigen Transaktion steigt die Konfidenz des Modells und es kann automatisch (blind) gebucht werden. Unternehmen, die Künstliche Intelligenz in der Rechnungsverarbeitung einsetzen, streben eine Blindbuchungsquote bei bestellbezogen Rechnungen von >70% an.

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Ulrich Tröller

Ulrich Tröller

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Künstliche Intelligenz – der Schlüssel zur autonomen Unternehmenssteuerung

autonome Unternehmenssteuerung

Was hat es mit der autonomen Unternehmenssteuerung auf sich? Wie lässt sie sich umsetzen und wie können Sie davon profitieren? In diesem Beitrag verraten wir Ihnen spannende Details.

Stellen Sie sich vor: Sie kommen morgens ins Büro, klappen Ihren Laptop auf und sehen auf den ersten Blick, wie es Ihrem Unternehmen gerade geht. Möglich wird das durch Künstliche Intelligenz. Sämtliche KPIs liegen auf Basis von strukturierten und unstrukturierten Daten und miteinander kommunizierenden und harmonisierten Modellen vor.

Risiken werden permanent neu kalkuliert, Liquiditäts-, Refinanzierungs- und Ertragsplanung laufen selbständig unter Einbezug von Nachrichten, makroökonomischen Daten sowie vielen Kundendaten – das können demographische Daten sein, bisheriges Einkaufsverhalten sowie Klickzahlen auf bestimmten Bereichen in einem Web-Shop. Operativ-taktische Steuerungsmaßnahmen wie etwa notwendige Refinanzierungsgeschäfte werden selbständig generiert und ausgeführt. Kurzum: Das Unternehmen der Zukunft steuert sich selbst.

Wie realistisch ist der Traum von der autonomen Unternehmenssteuerung?

Die Vision einer autonomen Unternehmenssteuerung mag von heute aus betrachtet unerreichbar erscheinen – insbesondere, wenn Prozesse wie Rechnungseingang und -verarbeitung noch teilweise oder gar komplett analog und vorrangig manuell ablaufen. Doch ein Blick auf die Entwicklung des autonomen Fahrzeugs zeigt, wie es gehen kann: In einer mehrstufigen Entwicklung werden über mehrere Jahre sukzessive immer mehr Tätigkeiten an Maschinen übergeben.

Der Anfang ist bereits mit der Automatisierung von kleinen Teilaufgaben wie beispielsweise im Reporting gemacht. Auf diesem Weg spielen neue Technologien und Daten eine entscheidende Rolle. Dafür nötig ist der konsequente Abbau von fragmentierten „legacy“-IT-Landschaften und der Auf- und Ausbau eines zentralen und sophistizierten Managements interner und externer Daten (Abb 1).

Autonome Unternehmenssteuerung

Abbildung 1: Vision der autonomen Unternehmenssteuerung (in Anlehnung an das Konzept Next Level Bank Management)

Diese neue, wichtige Rolle spielen Ihre Mitarbeiter

Die Rolle der Mitarbeiter wird sich stark verändern – von mitunter stark repetitiven, manuellen Tätigkeiten hin zu strategischeren, beratenden Tätigkeiten. Der Controller wird zum Sparringspartner für den CFO, sein Team kann innerhalb von kürzester Zeit neue Simulationen anstoßen und auswerten und auf diese Weise wertvolle strategische Impulse setzen.

Darüber hinaus sind die Mitarbeiter dafür zuständig, Systeme und Modelle zu überwachen, zu kalibrieren und zu validieren. Dafür ist es notwendig, die Mitarbeiter auf den Pfad der digitalen Transformation mitzunehmen, damit sie die notwendigen Fähigkeiten erlernen und den Prozess zur autonomen Steuerung mitgestalten können.

Welche Werkzeuge kommen in der autonomen Unternehmenssteuerung zum Einsatz?

Auf diesem Pfad kommen neben klassischen Werkzeugen aus der IT auch Instrumente aus dem innovativen Werkzeugkasten der künstlichen Intelligenz zum Einsatz. So können etwa mittels maschineller Lernverfahren trainierte Modelle Kundenverhalten und Nachfragetrends akkurater vorhersagen.

Die gewonnenen Erkenntnisse geben Ihnen zum Beispiel die Möglichkeit, frühzeitig auf Änderungen in der Produktnachfrage zu reagieren und somit Ergebnisse, Liquidität und Refinanzierung besser zu planen. Natürlich ist hinsichtlich der autonomen Unternehmenssteuerung prüfen, welche Prozesse sich für die intelligente Automatisierung eignen und wie Sie künstliche Intelligenz und andere innovative Methoden sinnvoll in den Steuerungskreislauf einbinden können – damit die Vision vom autonomen Controlling beziehungsweise dem sich selbst steuernden Unternehmen Realität wird.

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Andreas Scheuermann

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Trusted AI – vertrauenswürdige KI: Risikomanagement für künstliche Intelligenz

vertrauenswürdige KI und Risikomanagement

Künstlich intelligente Systeme bringen viele Vorteile für Unternehmen. Sie können Prozesse automatisieren und standardisieren, in Echtzeit reagieren, Produkte und Services verbessern und personalisieren und vieles mehr. Aber es warten auch neue Herausforderungen und Risiken, für die in Bezug auf vertrauenswürdige KI das reguläre unternehmensweite Risikomanagement-System meist nicht ausreicht.

Risikomanagement für vertrauenswürdige KI

Obwohl es bereits IT-Risikomanagementsysteme gibt, unterscheiden sich künstlich intelligente Systeme von herkömmlicher Software. Traditionell ging es immer um Automatisierung, aber mit der KI bewegen wir uns immer mehr in Richtung Autonomie der Systeme. Außerdem ändert sich die Entscheidungsgrundlage, indem (erprobte) Regeln durch Wahrscheinlichkeiten ersetzt werden und die Ergebnisse meist nur so gut sind wie das Training des Modells.

Aus rechtlicher Perspektive können sich aus dem Zivil- sowie auch dem Strafrecht Pflichten für das Unternehmen ergeben. Im Rahmen des Strafrechts ergibt sich die Pflicht zur Dokumentation von Risikovorsorge- und Gefahrenvermeidungsmaßnahmen. Nur so können Unternehmen beweisen, dass sie nicht fahrlässig handeln und bekannte Gefahren und Risiken beim Einsatz von KI gesteuert haben. Aber auch aus dem Zivilrecht können sich Pflichten ergeben, obwohl noch nicht genau ausjudiziert ist, welche bestehenden Normen für spezifische Fälle angewendet werden. Hier ist auch die akademische Meinung unterschiedlich.

Geeignete Werkzeuge, um KI-Systeme sicher zu machen.

Um das Risiko der Anwendung von Künstlicher Intelligenz zu steuern, sollten Unternehmen verschiedene Faktoren berücksichtigen, die eine effektive Steuerung, zielgerichtetes Design und durchgängige Kontrolle möglich machen. Als Instrumente können dafür Wirkungsanalysen, Inventarisierung und Überprüfungswerkzeuge dienen, um die KI vertrauenswürdig zu machen. Vor allem ist es wichtig, das Bewusstsein im Unternehmen, bei Benutzern und Kunden zu schaffen, damit das System auch akzeptiert wird.

Unzählige Institutionen beschäftigen sich bereits oberflächlich mit dem Thema, zum Beispiel haben die AI Expert Group der Europäischen Union und auch die österreichische Regierung entsprechende Leitlinien publiziert. Auch Audit Gremien und die International Standardisation Organisation (ISO) befassen sich damit, zugeschnittene Risikomanagementsysteme umzusetzen.

Unternehmen sollten sich daher schon bei der Einführung proaktiv mit den Risiken beschäftigen, die mit KI einhergehen. Damit können sie die Grundlage für eine sichere und vertrauenswürdige KI etablieren, die das volle Potenzial der Technologie im Sinne des Unternehmens, seiner Kunden und der Gesellschaft lukrativ macht.

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Sonja Ladan

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Bernd Schwarzer

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Erklärbare KI in Unternehmen

erklärbare KI - Akademie3

Aktuelle Studien zeigen, dass Künstliche Intelligenz (KI) in europäischen Unternehmen nicht so recht vorankommt. Wenn sie eingesetzt wird, dann meist, um einzelne Prozessschritte zu automatisieren oder für die Sprachverarbeitung. In Nordamerika und Asien ist die Situation laut dem neuesten Stanford AI-Index nicht viel besser.

Aber woran liegt das? Auf der einen Seite sehen Unternehmen sehr wohl das Risiko, Marktanteile an Vorreiter zu verlieren. Denn einige Firmen entwickeln mithilfe von KI neue, erfolgreiche Geschäftsmodelle. Auf der anderen Seite sind sie aber verunsichert, wenn es darum geht, selbst Künstliche Intelligenz einzusetzen. Vor allem in der Management-Unterstützung.

Warum setzen Unternehmen so selten KI in Unternehmen ein? Die Ursache ist einfach: Ein Arzt nutzt die Diagnose eines KI-Systems nur dann, wenn er sie verstehen und nachvollziehen kann. Genauso geht es dem Manager. Wenn ihm das KI-System eine Empfehlung gibt, kann er seine Entscheidung nur auf dieser Basis treffen, wenn er voll und ganz dahinterstehen kann.

Erklärbare KI sorgt für nachvollziehbare Entscheidungen

Die Lösung heißt erklärbare KI (explainable artificial intelligence, XAI). Vor drei Jahren hat die Forschungsagentur der amerikanischen Streitkräfte (Defense Advanced Research Project Agency, DARPA) ein Programm zur Förderung der XAI-Forschung ins Leben gerufen. Die Eigenschaften, die ein XAI-System zur Unterstützung von Management-Entscheidungen in Unternehmen haben sollte, liegen somit offen. Und das Interesse an erklärbarer KI ist deutlich gestiegen.

Nach den nötigen Daten muss man auch nicht lange suchen. Denn Unternehmen haben in ihren Finanz- und Logistiksystemen sehr detaillierte Daten zu allen einzelnen Geschäftsfällen. Jede Waren- oder Geldbewegung ist darin festgehalten. Mithilfe von KI ist es möglich, diese Daten auf eine Art auszuwerten, die sonst völlig undenkbar wäre. Das Unternehmen kann so die Beziehung zu Kunden oder Lieferanten optimieren, ebenso die Materialbeschaffung oder den Vertrieb.

Auf dem Prüfstand: Erklärbare KI im Praxistest

Seit einiger Zeit gibt es ein solches System: Trufa von Deloitte präsentiert einem Endnutzer (der ein absoluter KI-Laie sein kann) die Ergebnisse in verständlicher Form. Das System hat eine grafische Schnittstelle, über die der Benutzer das System beeinflussen und Analysen durchführen kann – das Ganze bei guter Performance. Und die Empfehlungen sind am Ende umsetzbar.

Das System könnte zum Beispiel vorschlagen, für eine bestimmte Kundengruppe die Liefertreue zu verbessern, weil die Kunden dann schneller zahlen. Eine detaillierte Analyse mithilfe des Systems zeigt, dass das ganz mit einer einfachen Umstellung in der Distributionslogistik möglich ist.

Der Benutzer kommt so innerhalb weniger Stunden zu einem Optimierungspotenzial, das sich schnell realisieren lässt. Mit vielen solcher Maßnahmen kann das Unternehmen profitabler wirtschaften und sein gebundenes Kapital freisetzen – all das (und noch viel mehr) ist mit erklärbarer KI möglich.

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Prof. Dr. Andreas Mielke

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Algorithmen – Sie sind in aller Munde, aber was genau ist das eigentlich

Künstliche Intelligenz

Google, Facebook oder das Navigationssystem im Auto, all diese Dinge arbeiten mit Algorithmen. Zukünftig werden lernfähige Computersysteme eine immer größere Rolle in unserem Alltag, der Wirtschaft und auch der Gesellschaft, spielen. Denn die Fähigkeiten der Maschinenhirne wachsen dank neuer Software-Architekturen, wie den neuronalen Netzen und dem Fortschritt in der Hardware Entwicklung, zusehends.

Ob das Internet, Social Media Plattformen oder intelligente Sprachassistenz Software, alles beruht auf Algorithmen. Meistens ist es uns noch bewusst, dass im Hintergrund etwas abläuft. Um was es sich dabei aber genau handelt und wie die Prozesse funktionieren, wissen nur die wenigsten von uns. Im folgenden Artikel soll der Begriff Algorithmus genauer erläutert werden, um für mehr Klarheit über dessen Geschichte zu sorgen.

Woher stammt der Begriff Algorithmus?

Das Wort Algorithmus ist eine latinisierte Abwandlung des Namens des persischen Astronomen und Rechenmeisters Abu Dschaʿfar Muhammad ibn Musa al-Chwārizmī (latinisiert: Algorismi). Dieser hat im 9. Jahrhundert n. Chr. gelebt. In seinem Werk „Über die indischen Ziffern“ stellte al-Chwārizmī  die Arbeit mit Dezimalzahlen vor und führte die Ziffer Null aus dem indischen Zahlensystem in das arabische ein. Eine Ausgabe dieser Schrift auf Latein lautete somit: „Algoritmi de numero Indorum“ („Al-Chwarizmi über die indischen Zahlen“). Daraus entstand später die Bezeichnung „Algorithmus“, mit der eigentlich definierte Rechenverfahren gemeint sind.

Was ist ein Algorithmus?

Ganz allgemein formuliert ist ein Algorithmus eine Reihe von Anweisungen, die Schritt für Schritt ausgeführt werden, um eine Aufgabe oder ein Problem zu lösen. Ein Algorithmus löst ein mathematisches Problem. Er beschreibt etwa für den Computer korrekt interpretierbare Lösungswege, die für jede durch das mathematische Problem definierte, mögliche Eingabe, die korrekte Lösung in endlicher Zeit berechnet. Warum in endlicher Zeit? Weil Lösungswege denkbar sind, bei denen man unendlich lange auf die Lösung warten muss.

Wo werden Algorithmen eingesetzt?

Mit fortschreitender Digitalisierung vieler Lebensbereiche, wie größeren Datensammlungen, billigerem Speicherplatz und stärkerer Rechenleistung, werden immer mehr Entscheidungen automatisiert. Schon jetzt werden lernfähige Algorithmen in vielen Bereichen unseres Alltags eingesetzt. So verstehen digitale Assistenz-Systeme, wie Siri oder Alexa, dank künstlicher Intelligenz unsere Sprachbefehle und Fragen. Im Internet helfen Bots dabei Internetseiten zu pflegen und zu überwachen, dabei haben diese fast schon menschliche Eigenheiten. Sogar beim Aufspüren von Fake-News und manipulierten Bildern können KI-Systeme inzwischen assistieren.

Möglich wird all dies dank der Fähigkeit der KI-Systeme in kurzer Zeit enorme Datenmengen auszuwerten und dabei Muster und Zusammenhänge zu erkennen. So lernt der Algorithmus beispielsweise anhand unzähliger Fotos von Haustieren mit entsprechender Benennung, wie Hunde oder Katzen aussehen. Nach einer Zeit des Trainings kann das System dann auch ganz neue Fotos der richtigen Tierart zuordnen. Das System hat selbstständig die relevanten Unterscheidungsmerkmale gelernt. Anstelle von Bildern können KI-Systeme auch Texte als Trainingsgrundlage verwenden. Sie werten aus, in welchem Kontext ein Wort steht und lernen somit dessen semantische Bedeutung und auch dessen Verknüpfungen mit ähnlichen Wörtern oder Synonymen. Diese Bedeutungsbeziehungen übersetzen die Programme in mathematische Ausdrücke und lernen so selbst komplexe semantische Zusammenhänge.

Durch diese Fähigkeit kann eine Form von künstlicher Intelligenz beispielweise medizinische Daten und Krankenakten auswerten und davon die Merkmale bestimmter Krankheitsbilder ableiten. Auf Basis dieser Erkenntnisse lassen sich die KI-Systeme als Diagnosehelfer einsetzen. Inzwischen erkennen solche Diagnose-Systeme bereits verschiedene Formen von Krebs, aber auch Vorzeichen von Alzheimer.

Menschen und Algorithmen

In einer EU-weiten Befragung der Bertelsmann-Stiftung zum Thema „Was Europa über Algorithmen weiß und denkt“ sprach sich eine große Mehrheit der Bevölkerung für mehr Klarheit und Kontrolle beim Einsatz von Algorithmen aus. Dreiviertel der Befragten sprachen sich dafür aus, dass computerbasierte Entscheidungen nachvollziehbarer gestaltet sein sollten und ein Recht auf Überprüfung durch Menschen verankert werden sollte. 64 Prozent fühlen sich demnach unwohl, wenn Computer Entscheidungen ohne menschliche Beteiligung treffen. Die Akzeptanz dafür schwankt jedoch, je nach Einsatzgebiet. Zugleich zeigte die Umfrage, dass fast die Hälfte der Europäer und Europäerinnen nicht wissen was Algorithmen sind. 48 Prozent haben keinerlei Kenntnisse darüber. Nur acht Prozent gaben an, viel darüber zu wissen. Genauere Vorstellungen, wo derartige Entscheidungsprozesse eingesetzt werden, haben demnach nur wenige Menschen. Etwa ein Fünftel der Befragten war gar nicht über mögliche Anwendungsfelder von Algorithmen informiert, so die Ergebnisse der Umfrage.

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Was sind Chatbots und wann macht ihre Verwendung Sinn?

Chatbot

Was ist ein Chatbot? Diese Frage dürften sich in letzter Zeit viele Menschen stellen. In diesem Artikel versuchen wir Ihnen die Funktion von Chatbots zu erklären und die vielfältigen Anwendungsbereiche von Bots aufzuzeigen.

Was ist ein Chatbot?

Der Begriff Chatbot setzt sich aus den zwei Wörtern „Chat“, kommt vom Englischen (plaudern), und „Bot“, die Kurzform von „robot“ (Roboter), zusammen. Chatbots gehören zur Familie der Software-Agenten. Es sind virtuelle Berater, die eine Interaktion zwischen Mensch und Computer führen. Es handelt sich also um ein Online-Dialogsystem, somit ein “automatisierter Textassistent”, der in Echtzeit arbeitet.

Chatbots sind also quasi Roboter, die mit dem Kunden über einen Chat kommunizieren können. Sie bauen auf Künstlicher Intelligenz (KI) auf, die durch eine Reihe definierter Regeln und Parameter funktioniert. Man kann einen Chatbot auf unterschiedliche Art und Weise über Text und Sprache einsetzen. Zum Beispiel auf Ihrer Website, über Facebook Messenger oder über einen Sprachassistenten wie Amazons Alexa. Im Grunde führen Sie eine virtuelle Konversation mit einem Roboter, der bestimmte Aufgaben für Sie ausführt, beziehungsweise auf Ihre Fragen antworten kann.

Wie funktioniert ein Chatbot

Ein Chatbot analysiert die Eingaben des Anwenders und sucht anhand von im Vorfeld definierten Keywords oder Satzfragmenten nach passenden Antworten. Die mit dem Keyword oder Satzfragment verknüpfte Antwort, wird an den Anwender ausgegeben. Durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) und des maschinellen Lernens ist es möglich selbstlernende Chatbots zu realisieren.

Durch ständiges Training und die Analyse des Feedbacks der Anwender kann der Chatbot die erhaltenen Anfragen in unterschiedlichen Kontexten verstehen und komplex darauf reagieren. Aufbauend auf einer Wissensdatenbank findet der Chatbot durch Trainingsgespräche und echte Userkommunikation selbstständig Lücken in der Erkennung der Fragen und fehlende Antworten. Durch diese ständige Optimierung kann der Chatbot immer bessere und relevantere Antworten liefern.

Einsatzmöglichkeiten von Chatbots

Chatbots bieten vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Prinzipiell sind sie überall dort einsetzbar, wo es um Kommunikation mit Menschen geht. Unternehmen setzen sie auf Internetseiten, im Onlineshop, auf Support-Seiten oder in Instant-Messaging-Systemen ein, um Anfragen von Kunden zu beantworten. Chatbots werden auch eingesetzt, um Besucher zu begrüßen und mit ihnen erstmalig in Kontakt zu treten. Sie können einfache Anliegen entgegennehmen und zum Teil selbst bearbeiten. Bei Bedarf leiten sie selbstständig den Kunden zu einem echten Betreuer weiter.

Chatbots, mit denen mittels natürlicher Sprache kommuniziert werden kann, haben sich zu intelligenten persönlichen Assistenten weiterentwickelt. Spracherkennungssoftware, wie Alexa oder Siri, basiert aus technologischer Sicht ebenfalls auf Chatbots. Sie finden diese beispielsweise auf Smartphones, um die Interaktion zwischen Endgerät und Anwender zu vereinfachen oder als Eingabeschnittstelle für intelligente Smart-Home-Geräte. Die Einsatzmöglichkeiten der intelligenten persönlichen Assistenten sind nicht nur auf einzelne Bereiche begrenzt, sondern decken einen großen Bereich an unterschiedlichen Dienstleistungen für den Anwender ab.

Vorteile eines Chatbots

Ein Chatbot unterstützt User bei der Suche nach Informationen. Das kann bei der Abfrage des Wetters, aktueller Nachrichten, dem Lieferstatus eines Pakets oder auch beim Einkaufen im Internet passieren. Chatbots versprechen das, was auch Apps schon lange können, nur, dass sie alles auf Zuruf erledigen. Beim Bot kommt künstliche Intelligenz zum Einsatz. Er ist der herkömmlichen Suchmaschine daher einen Schritt voraus: Er ist lernfähig!

Ein großer Vorteil für Unternehmen ist, dass man viele Anfragen von Kunden oder Nutzern beantworten kann, ohne einen Mitarbeiter dafür einzusetzen. Die Mitarbeiter müssen sich nicht mehr mit einfachen Fragen der Kunden herumschlagen und haben mehr Zeit, um schwierigere Probleme zu lösen. Die Mitarbeiter haben so mehr Zeit, um auf schwierige Fragen der Kunden eingehen zu können.

Chatbots bieten sich an, wenn kostengünstig eine Rund-um-die-Uhr-Serviceleistung ermöglicht werden soll. Sie können gleichzeitig eine Vielzahl von Kunden bedienen, werden nicht müde und bleiben auch nachts um 4 Uhr Früh noch freundlich.

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